EuGH-Urteil vom 26.11.2015, Rechtssache C‑326/14

Sachverhalt:

Die A1 Telekom Austria AG sah in Ihren AGB vor, dass, wenn „eine Indexanpassung in den Entgeltbestimmungen oder einer Individualvereinbarung … vereinbart [ist]“, „A1 [Telekom Austria] … berechtigt [ist,] Entgelte für das folgende Kalenderjahr entsprechend der Steigerung des [Jahresverbraucherpreisindex] zu erhöhen“ und gleichzeitig „verpflichtet [ist,] Senkungen [dieses Index] weiterzugeben und die besagten Entgelte entsprechend der Senkung zu reduzieren. Über die Anpassungen informiert A1 [Telekom Austria] den Kunden in schriftlicher Form“.

Den AGB zufolge sind Kunden generell zur außerordentlichen Kündigung berechtigt, sofern Kunden durch Änderungen nicht ausschließlich begünstigt werden. Im Falle von Entgeltänderungen aufgrund eines vereinbarten Index seien Kunden jedoch nicht zur außerordentlichen Kündigung berechtigt.

Der VKI klagte auf Unterlassung. Die Entgelterhöhung, die A1 Telekom Austria vorgenommen habe, sei nämlich nur zulässig, wenn dem Verbraucher ein außerordentliches Kündigungsrecht eingeräumt werde.

Der OGH legte dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob das in Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22 für die Teilnehmer vorgesehene Recht, „bei der Bekanntgabe von Änderungen der Vertragsbedingungen“ den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen, auch für den Fall vorzusehen, dass sich eine Anpassung der Entgelte aus den Vertragsbedingungen ableitet, die bereits bei Vertragsabschluss vorsehen, dass in der Zukunft eine Anpassung der Entgelte (Steigerung/Reduktion) entsprechend den Veränderungen eines objektiven Verbraucherpreisindex, der die Geldwertentwicklung abbildet, zu erfolgen hat?

Entscheidung:

Der EuGH wies zunächst darauf hin, dass in Verträgen über die Bereitstellung der Verbindung mit einem öffentlichen Kommunikationsnetz in klarer, umfassender und leicht zugänglicher Form die Einzelheiten über Preise und Tarife aufzuführen sind, einschließlich der Angabe, mit welchen Mitteln aktuelle Informationen über alle anwendbaren Tarife und Wartungsentgelte eingeholt werden können.  Teilnehmer sollen das Recht haben, bei der Bekanntgabe von Änderungen der Vertragsbedingungen, den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen. Teilnehmern müssen diese Änderungen mit ausreichender Frist, und zwar mindestens einen Monat zuvor, angezeigt werden und sie müssen auch über ihr Recht unterrichtet werden, den Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen, wenn sie die neuen Bedingungen nicht annehmen.

Unternehmen die elektronische Kommunikationsdienste bereitstellen, können aber ein berechtigtes Interesse daran haben, die Preise und Tarife ihrer Dienstleistungen zu ändern. Die vertraglich vorgesehene Entgeltanpassung beruht auf einer klaren, präzisen und öffentlich zugänglichen Indexierungsmethode. Endnutzer können damit nicht in eine andere vertragliche Situation versetzt werden, als sie sich aus den AGB ergeben. Wird eine Tarifänderung in dieser Weise (Entgeltanpassung anhand eines objektiven Verbraucherpreisindex von einer staatlichen Stelle, nämlich Statistik Österreich) vorgenommen, ist sie folglich nicht als Änderung der Vertragsbedingungen im Sinne von Art. 20 Abs. 2 der Richtlinie 2002/22 einzustufen.

Eine Änderung der Entgelte für die Bereitstellung elektronischer Netz- oder Kommunikationsdienste gemäß einer Entgeltanpassungsklausel, die in den allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Unternehmens, das diese Dienste anbietet, enthalten ist und vorsieht, dass eine solche Änderung anhand eines von einer staatlichen Stelle ermittelten objektiven Verbraucherpreisindex erfolgt, stellt daher keine „Änderung der Vertragsbedingungen“ dar, die den Teilnehmer berechtigt, seinen Vertrag ohne Zahlung von Vertragsstrafen zu widerrufen.