OGH-Entscheidung vom 21.10.2014, 4 Ob 96/14t

Sachverhalt:

Der ÖHIV (Österreichischer Verband der Impfstoffhersteller) veranstaltete mit finanzieller Unterstützung zweier anderer (Pharma-)Unternehmen im Herbst/Winter 2012/13 eine Inseratenkampagne zum Thema Pneumokokken. Dabei inserierte der ÖHIV mit dem Hinweis auf die freundliche Unterstützung in Printmedien unter der Schlagzeile „Für Erwachsene ab 50 sind Pneumokokken Thema!“ und schaltete Werbespots im ORF.

Das Inserat war wie folgt gestaltet:

AMG

Der ÖHIV versandte auch Informationsfolder an Ärzte und Apotheker mit der Überschrift „Pneumokokken sind Thema für ihre Patienten ab 50!„.

Im selben Zeitraum bewarb die Zweitbeklagte (eines der finanziell unterstützenden Unternehmen) den von ihr gegen Pneumokokken entwickelten rezeptpflichtigen Impfstoff in der Apotheker- und der Ärztekrone. Zusätzlich übermittelte sie auch eine entsprechende Patienteninformation an ordinierende Ärzte, wobei darin ein Hinweis, dass diese nicht zur Kenntnisnahme durch die Patienten, sondern ausschließlich durch Fachleute bestimmt sei, nicht enthalten war.

Der VKI (Verein für Konsumenteninformation) klagte auf Unterlassung der beschriebenen Werbung. Der Impfstoff der Zweitbeklagten sei ein rezeptpflichtiges Arzneimittel, weswegen das Laienwerbungsverbot des § 51 Abs 1 Z 1 AMG gelte. Die Impfaktion der Zweitbeklagten, die auch der Erstbeklagte bewerbe, sei nicht von einer Gebietskörperschaft durchgeführt oder unterstützt, sodass die Ausnahmebestimmung des § 51 Abs 2 AMG nicht anzuwenden sei. Das Verhalten der Beklagten verstoße gegen § 50 Abs 2 Z 3 AMG, zumal es sich nicht um seriöse Informationen über die Gesundheit oder Krankheiten von Menschen handle, zum anderen jedenfalls zumindest in indirekter Weise auf ein Arzneimittel Bezug genommen werde. Zusätzlich verwirkliche das Verhalten der Beklagten auch eine aggressive und irreführende Geschäftspraktik iSd §§ 1a und 2 Abs 1 Z 1 und 2 UWG.

Entscheidung:

Das Erstgericht wies die Klage zur Gänze ab. Das Berufungsgericht gab der Klage statt.

Der OGH stellte schließlich das erstinstanzliche Urteil wieder her und hielt fest, dass die Beklagten nicht gegen die Werbebeschränkungen des AMG (verbotene Laienwerbung für rezeptpflichtige Arzneimittel) verstoßen haben.

Als „Werbung für Arzneimittel“ gelten alle Maßnahmen zur Information, zur Marktuntersuchung und Marktbearbeitung und zur Erschaffung von Anreizen mit dem Ziel, die Verschreibung, die Abgabe, den Verkauf oder den Verbrauch von Arzneimitteln zu fördern (§ 50 Abs 1 AMG). Die vom Kläger beanstandete Laienwerbung ist danach zu beurteilen, welchen Eindruck die angesprochenen Patienten gewinnen.

Für die Frage, ob die veröffentlichte Information Angaben über ein bestimmtes Arzneimittel enthält und das Ziel verfolgt, den Absatz dieses Arzneimittels zu fördern, ist das Fehlen der Produktbezeichnung im Grunde nicht ausschlaggebend. Arzneimittelwerbung liegt auch dann vor, wenn den angesprochenen Verkehrskreisen aufgrund der Werbeaussage klar ist, auf welches Arzneimittel sich die Aussage bezieht. Im vorliegenden Fall beziehen sich die beanstandeten Inserate/Patienteninformation jedoch nicht auf ein bestimmtes Arzneimittel, dieses wird weder ausdrücklich genannt, noch nach dem enthaltenen Wirkstoff oder seiner konkreten Wirkungsweise beschrieben. Aus der Erwähnung der Unterstützer der Inserate und Folder mag der Verbraucher schließen, dass diese an der Schutzimpfung ein wirtschaftliches Interesse hat, allenfalls auch der Hersteller eines Impfstoffes ist, die Information stellt sich aber nicht als Werbung für ein bestimmtes Arzneimittel dar.

Für den Durchschnittsempfänger der beanstandeten Werbemaßnahmen sind Informationen über die (für bestimmte Personengruppen) mit Pneumokokken verbundenen Gefahren nicht mit einer Werbung für einen bestimmten Impfstoff der Zweitbeklagten gleichzusetzen, selbst wenn eine Schutzimpfung empfohlen wird. Ein konkreter Kaufanreiz wird durch die Informationskampagne nicht geschaffen. Andernfalls müsste sonst jede sachliche Information der Öffentlichkeit über Impfungen und Impfaktionen immer eine unzulässige Laienwerbung sein, weil aus dem Zweck der Impfung fast immer auf ein konkretes Arzneimittel (Impfstoff) geschlossen werden kann und allein daraus Werbeabsicht unterstellt werden könnte.

Insgesamt sah der OGH daher keinen Lauterkeitsverstoß im Sinne ungerechtfertigten Vorsprungs im Wettbewerb durch Rechtsbruch. Ebenso wenig wurde die beanstandete Information als aggressive oder irreführende Werbung beurteilt.