OGH-Entscheidung vom 24.4.2014, 1 Ob 53/14x

Sachverhalt:

Der Kläger erhielt im Frühling 2012 mehrere an ihn persönlich adressierte Briefsendungen. In sämtlichen Sendungen wurden Gewinnzusagen iSd § 5j KSchG (Bestimmung zwischenzeitlich weggefallen; nunmehr in § 5c KSchG) gemacht. Hier wurden konkret ein „Hauptgewinn“ zum 25-jährigen Firmenjubiläum von 2.855 EUR sowie der Gewinn eines Camcorders im Wert von 369 EUR zugesagt.

Als Absender war zum Teil eine in der Slowakei registrierte Gesellschaft angeführt, wobei eine Postfachanschrift in Vorarlberg angegeben wurde, zum Teil war diese Adresse nur auf der Rücksendekarte ersichtlich.

Die Übergabe der Gewinne würde auf einer Sonderfahrt zu einem Bio-Bauernhof stattfinden. Der Kläger nahm an der Werbeveranstaltung teil, bei der diverse Gesundheitsartikel zum Kauf vorgestellt wurden. Die Herausgabe der zugesagten Gewinne wurde dem Kläger allerdings verweigert. Bei dieser Veranstaltung trat die slowakische Gesellschaft überhaupt nicht auf.

In weiteren Schreiben wurden dem Kläger Gewinne von 1.500 EUR und von 5.000 EUR zugesagt sowie der „Jackpot“ von 10.000 EUR Bargeld; mit einem weiteren Schreiben wurde ihm im Rahmen einer „Treue-Aktion“ und eines „Dankeschön-Ausflugs“ die Übergabe eines Laptops im Rahmen einer Infoshow zugesagt.

Der Kläger meldete sich daraufhin zu der Ausflugsfahrt an, die wiederum als Werbeveranstaltung in einem Gasthof von der Beklagten abgehalten wurde. Die slowakische Gesellschaft trat neuerlich nicht auf. Die Teilnehmer wurden von zwei Vertretern der Beklagten begrüßt. Auch diesmal blieb die Aufforderung des Klägers, ihm seinen Gewinn auszuzahlen, erfolglos.

Der Kläger begehrte nun die Zahlung von insgesamt 19.355 EUR samt Zinsen sowie die „Herausgabe“ eines Camcorders im Wert von 369 EUR sowie eines (näher spezifizierten) Laptops, wobei er dieses Herausgabebegehren mit 500 EUR bewertete. Die Gewinnzusagen seien der Beklagten zuzurechnen. Der Kläger könne nach § 5j KSchG die Erfüllung der versprochenen Leistungen fordern.

Die Beklagte wandte dagegen ein, in den an den Kläger gerichteten Schreiben scheine sie nicht als Absenderin auf. Bei der slowakischen Gesellschaft handle es sich um ein eigenständiges Rechtssubjekt, mit dem die Beklagte in keinem Vertragsverhältnis und auch in keinem sonstigen Kontakt stehe und das auch nicht Gehilfe der Beklagten gewesen sei.

Das Erstgericht gab sämtlichen Klagebegehren statt. Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung.

Ein Anspruch nach § 5j KSchG  könne nur gegen den Unternehmer geltend gemacht werden, von dem die Gewinnzusage ausgegangen ist. Selbst wenn die Beklagte nicht Absenderin der an den Kläger übermittelten Gewinnzusendungen gewesen sein sollte, so habe sie sich der slowakischen Gesellschaft bedient, um potentielle Verbraucher, wie den Kläger, zu den Werbeveranstaltungen zu locken. Sie habe in diesem Fall dieser Gesellschaft nicht nur den Auftrag erteilt, dieses Schreiben an Verbraucher zu versenden, sondern auch den Inhalt vorgegeben. Selbst wenn also diese Gesellschaft die Schreiben versandt haben sollte, habe sie als Erfüllungsgehilfin der Beklagten gehandelt. Letztere habe sich sohin durch die Gewinnzusagen gegenüber dem Kläger zur Auszahlung und Herausgabe der Gewinne verpflichtet, wodurch ein gesetzliches Schuldverhältnis gemäß § 5j KSchG entstanden sei.

Entscheidung:

Der OGH beantwortete die hier relevante Rechtsfrage, ob eine Haftung auf den zugesagten Gewinn im Sinne des § 5j KSchG auch jenen Unternehmer trifft, der unter dem Namen einer anderen (juristischen) Person auftritt, dahingehend, dass ein Unternehmen Gewinne – die es unter fremdem Namen zugesagt hat – auszuzahlen hat.

Das Gesetz stellt seinem Wortlaut nach auf Unternehmer ab, die Gewinnzusagen oder andere vergleichbare Mitteilungen an bestimmte Verbraucher „senden“ und durch die Gestaltung dieser Zusendungen den Eindruck erwecken, der Verbraucher habe einen bestimmten Preis gewonnen. Dass der Begriff „Senden“ in diesem Zusammenhang nicht als die rein faktische bzw physische Tätigkeit des Kuvertierens, des Frankierens und der Übergabe an den Beförderer bzw die Post zu verstehen ist, liegt schon angesichts des erkennbaren Gesetzeszwecks auf der Hand. § 5j KSchG soll – auf dem Umweg über die Gewährung von Zahlungsansprüchen des angesprochenen Verbrauchers – Formen des Wettbewerbs mittels „Gewinnspielen“ verhindern, die eine unsachliche Beeinflussung des Kaufverhaltens beim Verbraucher bewirken können. Insbesondere soll auch hintangehalten werden, dass Verbraucher durch derartige Gewinnmitteilungen veranlasst werden (geschäftlichen) Kontakt zum Unternehmer aufzunehmen, in dessen Rahmen es allenfalls auch zu entgeltlichen Geschäften kommen kann, was vom Unternehmer in aller Regel beabsichtigt ist. Auch der OGH sieht es als Hauptzweck des § 5j KSchG an, die verbreitete aggressive Werbepraxis von Unternehmern abzustellen, vermeintliche Gewinnzusagen persönlich adressiert an Verbraucher zu verschicken, um diese zu Warenbestellung zu motivieren.

Im vorliegenden Fall steht nicht nur fest, dass die Beklagte für die Gewinnmitteilung verantwortlich ist und diese dazu nutzte, im Rahmen der durchgeführten Werbefahrt Kontakt zum Kläger aufzunehmen, um diesen zum Abschluss eines entgeltlichen Rechtsgeschäfts zu veranlassen. Angesichts des Prozessvorbringens der Beklagten über ein fehlendes Vertragsverhältnis bzw das Fehlen jeglichen Kontakts zur slowakischen Gesellschaft ist auch davon auszugehen, dass diese kein Einverständnis zur Verwendung ihres Namens gegeben hat. Daran, dass die Gewinnmitteilung somit allein der Beklagten zuzurechnen ist und der Kläger von dieser den zugesagten Preis fordern kann, kann somit kein Zweifel bestehen.