Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014, Rechtssache C-345/13

Sachverhalt:

Die Karen Millen Fashions Ltd fertigt und verkauft Damenbekleidung. Darunter ein gestreiftes Hemd (in einer blauen und einer steinbraunen Version) sowie ein schwarzes Strickoberteil. Beides wurde in Irland verkauft.

Dunnes Stores (Limerick) Ltd ist eine große Einzelhandelskette in Irland, die im Rahmen ihrer Geschäftstätigkeiten Damenbekleidung verkauft. Vertreter von Dunnes erwarben Exemplare der KMF Bekleidung in einem der irischen Einzelhandelsgeschäfte von KMF. In der Folge ließ Dunnes Kopien dieser Kleidungsstücke außerhalb Irlands fertigen und brachte sie in ihren irischen Geschäften in Verkauf.

KMF machte geltend, Inhaberin von nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmustern für die genannten Kleidungsstücke zu sein und erhob Klage beim irischen High Court. Der High Court gab der Klage statt. Gegen die Entscheidung des High Court legte Dunnes beim Supreme Court Rechtsmittel ein, mit der Begründung, dass es zwar stimme, dass Dunnes die KMF Bekleidung kopiert habe, und auch, dass die nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmuster, deren Inhaberin zu sein KMF behauptet, neu seien. Allerdings würden diese keine Eigenart im Sinne der Verordnung Nr. 6/2002 aufweisen.

Der Supreme Court beschloss darauhin, das Verfahren auszusetzen und dem Gerichtshof die Fragen zur Vorabentscheidung vorzulegen, ob bei der Beurteilung der Eigenart eines (nicht eingetragenen) Geschmacksmusters der Gesamteindruck, den es beim informierten Benutzer hervorruft, danach zu beurteilen ist, ob sich dieser von dem bei einem solchen Benutzer hervorgerufenen Gesamteindruck unterscheidet,

  • den ein einzelnes Geschmacksmuster hervorruft, das der Öffentlichkeit früher zugänglich gemacht worden ist, oder
  • den eine Kombination bekannter Geschmacksmustermerkmale mehrerer solcher älterer Geschmacksmuster hervorruft?

Daneben die Frage, ob ein Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht von der Rechtsgültigkeit eines nicht eingetragenen Gemeinschaftsgeschmacksmusters auszugehen hat, wenn der Rechtsinhaber lediglich angibt, inwiefern das Geschmacksmuster Eigenart aufweist, oder ob der Rechtsinhaber zu beweisen hat, dass das Geschmacksmuster Eigenart besitzt?

Entscheidung:

Der EuGH sprach dazu aus, dass für die Bejahung der Eigenart eines Geschmacksmusters sich der Gesamteindruck, den dieses beim informierten Benutzer hervorruft, nicht von dem Gesamteindruck, den eine Kombination isolierter Elemente von mehreren älteren Geschmacksmustern hervorruft, sondern von dem Gesamteindruck, den ein oder mehrere ältere Geschmacksmuster für sich genommen hervorrufen, unterscheiden muss.

Der Inhaber dieses Geschmacksmusters ist nicht zum Nachweis verpflichtet, dass dieses Eigenart besitzt, sondern lediglich angeben muss, inwiefern dieses Geschmacksmuster Eigenart aufweist, dh dass er das oder die Elemente seines Geschmacksmusters benennen muss, die ihm Eigenart verleihen, damit ein Gemeinschaftsgeschmacksmustergericht es als rechtsgültig ansieht.